2024/06 Edward Mosch und Eckhard Neddermann fordern mehr Wertschätzung für den Apothekerberuf
Dramatische Entwicklung der Apothekenlandschaft / „Auf dem Land ist die Versorgung gefährdet“
Vlotho (Kreis Herford). An jeder Ecke eine Apotheke – hieß es noch vor einigen Jahren. Doch auf dem Land gelte diese Redewendung schon lange nicht mehr, sagte Apotheker Edward Mosch im Gespräch mit FDP-Politikern in Vlotho. Während in den größeren Städten zuweilen noch ein Überangebot herrsche, stehe im ländlichen Raum die Versorgung der Bevölkerung auf dem Spiel. Auch in Vlotho sei die Lage inzwischen prekär, berichtete Mosch.
Auf Initiative von FDP-Ratsherr Dr. Eckhard Neddermann, der selbst gelernter Apotheker ist, diskutierten die Freien Demokraten in der Vlothoer „Markt-Apotheke“ über aktuelle Herausforderungen im Apothekerberuf, wirtschaftliche Perspektiven und zuverlässige Arzneimittelversorgung.
Edward Mosch sprach von einer „dramatischen Entwicklung der deutschen Apothekenlandschaft“. Mit nur noch 21 Apotheken pro 100.000 Einwohnern liege Deutschland weit unter dem europäischen Durchschnitt. Mehr als 500 Apotheken schlossen allein im vorigen Jahr, so Mosch. „Jede Apotheke, die schließt, ist ein herber Verlust für die Patientinnen und Patienten. Und gerade auf dem Land entstehen zwangsläufig immer häufiger weitere Wege zur nächsten Apotheke“.
Nach Angaben des Experten müssen viele Inhaberinnen und Inhaber aufgeben, weil ihnen die wirtschaftliche Basis wegbreche. „Für den pharmazeutischen Nachwuchs wird die Neugründung oder Übernahme einer Apotheke wegen fehlender Perspektiven zunehmend unattraktiver“, bekräftigte Mosch. Seit mehr als zehn Jahren sei das Apothekerhonorar nicht mehr angepasst worden, obwohl im selben Zeitraum die Kosten in Apotheken exorbitant gestiegen seien. In vielen Apotheken sei die wirtschaftliche Lage extrem angespannt, räumte Mosch auf Nachfrage des FDP-Ortsvorsitzenden Siegfried Mühlenweg ein.
In der Diskussion mit den liberalen Gästen ging der Fachapotheker für Pharmazeutische Analytik, Eckhard Neddermann, auf die derzeitigen Lieferengpässe einiger Arzneimittel „als negative Folge der Globalisierung“ ein. Nach den von den Krankenkassen eingeführten Rabatterträgen produzierten die meisten Pharmahersteller aus Kostengründen nicht mehr in Deutschland oder Europa, sondern in Asien („zumeist in China und Indien“), so Neddermann. Diese Situation schaffe eine gefährliche Abhängigkeit von den Staaten, in denen die Arzneimittel hergestellt werden, „was in Krisenzeiten die Situation verschärfen könne“, warnte der Experte.
Neddermann forderte ein schlüssiges Konzept der EU-Staaten, das die Arzneimittelversorgung in Europa sicherstellt. Er warnte vor dem Irrglauben, die von vielen geforderte „Rückholung“ der Produktion nach Deutschland sei realistisch. Mit Blick auf lange Vorlaufzeiten, komplexe Umweltauflagen, bürokratische Hürden oder hohe Personalkosten dürften derartige Forderungen zum jetzigen Zeitpunkt unerfüllt bleiben.
Einig waren sich die Gesprächsteilnehmer, dass Apothekerinnen und Apotheker „gut und schnell mit neuen Herausforderungen umgehen können“. Dies hätten sie in den letzten Jahren wiederholt gezeigt und etwa in der Corona-Krise auch unter schwierigen Bedingungen die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln versorgt, hieß es. Dieses Kompliment nahmen die Apotheker Mosch und Neddermann gerne mit. Umso mehr zeigten sie sich enttäuscht, dass dem Apothekerberuf aus der Politik nicht immer eine adäquate Wertschätzung entgegengebracht werde. Ausdrücklich warnten sie vor sogenannten „Scheinapotheken“ ohne Apothekerinnen und Apotheker.
BZ:
FDP vor Ort: Die Apotheker Dr. Eckhard Neddermann (li) und Edward Mosch sprachen mit den FDP-Politikern (v.l.) Helmut Kamp, Oliver Korte, Sonja Hammoud, Nick Hachmeister und Andreas Stocksmeier über die Arzneimittelversorgung in Stadt und Land.